In unserer neuen Artikel-Serie „AssociateNews Backstage“ schauen wir zum Auftakt hinter die Kulissen von Reed Smith. Wir reden mit den Menschen hinter den Kanzleinamen über ihr Selbstverständnis, den Markt und das Miteinander in der täglichen Arbeit. Zum Auftakt sprach Peter Neuberger mit Dr. Thomas Fischl, Partner im Münchener Büro von Reed Smith und Dr. Marcel Gellings, Associate im Frankfurter Büro, über die Corona-Zeit und deren Auswirkungen, echte Internationalität und darüber, wie gerade Vertrauen und Gelassenheit durch turbulente Zeiten helfen.
Peter Neuberger: Mit über zwei Jahren Dauer ist die Corona-Rezession die längste und wohl auch schwerwiegendste Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte. Über 10 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit, seit langem wieder steigende Arbeitslosenzahlen und seit 2007 erstmals sinkende Löhne in 2020. Jetzt hat der Arbeitsmarkt statistisch das Vorkrisenniveau erreicht. Wie gut kam Reed Smith durch die Krise?
Thomas Fischl: Ich persönlich bin jetzt tatsächlich seit zwanzig Jahren im Anwaltsgeschäft und da gab es immer wieder Krisenszenarien. Meiner Wahrnehmung nach ist die Kanzleiwelt insgesamt krisenresistent. Corona war aber eine so ungewöhnliche Zeit, für die es kein „Vorbild“ gab, so dass auch wir, Reed Smith, genauso wie alle anderen erst einmal erschrocken und wirklich ernsthaft besorgt waren. Wir sind am Ende von der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Mandanten direkt abhängig, und die war ja zunächst unklar.
Es ist aber ebenso eine Tatsache, dass wenn die Mandanten in der Krise sind, es in der Regel wiederum auch für Juristen viel Arbeit gibt. Vielleicht nicht in allen juristischen Bereichen, oder in anderen als vorher. Aber die Idee einer großen Kanzlei mit unterschiedlichen Praxen ist ja gerade, dass der eine Bereich mal profitabler sein kann als der andere und im nächsten Jahr ist es vielleicht dann umgekehrt. Das hat sich bei Reed Smith bestätigt. Wir hatten 2020 das beste Jahr überhaupt. Und das nicht allein, weil wir kostensenkende und andere Gegenmaßnahmen ergriffen haben, sondern gerade auch weil die Umsätze insgesamt stabil geblieben sind. Und das ist 2021 sogar noch besser geworden, auch die Umsätze pro Berufsträger sind deutlich gestiegen. Ich persönlich bin ganz besonders dankbar dafür, weil ich viele andere Menschen in meinem persönlichen Umfeld kenne, Bekannte, Freunde, die es da weniger gut getroffen haben.
Peter Neuberger: Herr Gellings, wie haben Sie diese Zeit erlebt? Kam Ihnen jemals der Gedanke, dass es ein Fehler war den Karriereweg gerade in einer Wirtschaftskanzlei einzuschlagen?
Marcel Gellings: Vorweg gesagt: Würde ich jemandem raten, trotz Krisengefahren in eine Wirtschaftskanzlei zu gehen? Definitiv ja! Etwas krisenerfahren war ich schon vor der Corona-Pandemie. Als Student habe ich in Nebentätigkeit in einem Kapitalmarktrechts-Team angefangen und kurz nach meinem Start ging Lehman Brothers pleite und die Auswirkungen der Finanzmarktkrise wurden relativ schnell natürlich auch auf Beraterebene spürbar. Doch nach dem ersten Schock waren alle so beschäftigt wie nie zuvor. Ich glaube, gerade die Stärke insbesondere internationaler Großkanzleien liegt darin, dass sich konjunkturelle Risiken je nach Region und Praxisgruppe unterschiedlich realisieren und kompensiert werden können.
Dennoch, als Corona begann und die ersten Krisenmaßnahmen getroffen wurden, herrschte auf Associate Ebene Unsicherheit. Was bei Reed Smith aber hervorragend gelang, war die interne Kommunikation. Es wurde jederzeit klar kommuniziert was passiert und wann es passiert, so dass man dank dieser Offenheit auch als Associate das Empfinden hatte auf dem Weg durch die Krise mitgenommen zu werden. Wir wurden durch Informationen und konkrete Ansprechpartner schlicht nicht allein gelassen.
Thomas Fischl: Teil unserer Kultur war schon immer auch ein Stück Gelassenheit. Wir gehen mit Augenmaß an die Dinge heran. Die Erwartungen an Umsatz und Billable Hours bemessen sich daran, wie realistisch erfüllbar sie sind, und auch ein gewisses Maß an Krise ist da eingepreist, wenn man so will. Wir bilanzieren auf Basis tatsächlich bezahlter Rechnungen, und verfolgen einen konservativen Ansatz bei der Nutzung von Kreditlinien. Das kenne ich von anderen Kanzleien auch ein wenig anders. Diese Struktur und diese Erwartungen sind auch wichtige Aspekte, warum bei uns nicht gleich Panik ausgebrochen ist.
Marcel Gellings: Das ist wie schon gesagt ein zentraler Punkt für mich als Associate. Vertrauen. Ich wäre nicht gern in der Position von irgendjemanden gewesen, der eine Kanzlei durch eine solche Zeit führen muss. Das haben die Verantwortlichen bei uns wirklich gut gemacht. Alle bis hin zum global Managing Partner waren immer nahbar und nahmen jede Berührungsangst. Das Vertrauen in die Kanzlei und in deren Management wurde auch im Rahmen der Corona-Krise bestätigt und gefördert.
Teil unserer Kultur war schon immer auch ein Stück Gelassenheit.
Dr. Thomas Fischl
Peter Neuberger: Die gewohnten Kommunikationswege wurden durch die Pandemie schlagartig verändert. Gerade die Rücksprache mit den Kollegen oder den Partnern musste durch Home-Office und Videomeetings neue, ungewohnte Formen finden. Hat das einfach so funktioniert?
Marcel Gellings: Das war in der Tat zu Beginn sehr einschneidend. Von einem Tag auf den anderen waren wir alle im März 2020 im Home-Office. Das war eine völlig neue Kultur und Arbeitsweise. Ich hatte einen Küchentisch als neuen Arbeitsplatz. Zu Beginn gab es gewisse technische Probleme und das gemeinsame Arbeiten nur in Videokonferenzen war ungewohnt und zumindest am Beginn nachteilig. Ich muss dazu sagen, dass ich ein absoluter Bürogänger bin und froh war, dass wir jedenfalls im Corporate Team Ende 2020 die Präsenz wieder aufbauen konnten. Ich bin jetzt wieder fast ausschließlich im Büro. Generell hat sich aber eine sehr positive Veränderung ergeben. Mit der nun etablierten Remote Working Policy genießen Associates eine Flexibilität, so dass wir auch einmal von zu Hause aus arbeiten können, wenn wir es wollen.
Peter Neuberger: Die Associates genießen eine neue Flexibilität, wie ist es als Partner, wenn man selbst zu Hause arbeitet und mit seinen Kollegen spricht, die selbst am heimischen Küchentisch sitzen?
Thomas Fischl: Meine Erfahrungen waren super! Wir hatten Remote Working zwar schon früher. Die technischen Systeme waren angelegt. Was mich aber überrascht hat, war, dass es bis hinein in die Sekretariate relativ schnell reibungslos für alle funktionierte. Wo noch Hardware fehlte, wurde diese beschafft und nach zwei Tagen waren alle voll arbeitsfähig. Im Kern trifft es der Begriff Flexibilität ziemlich genau.
Bei uns in der IT und Medien-Gruppe in München verlief es etwas anders als im Corporate Team in Frankfurt bei Marcel. Bei uns waren lange ganz wenige Kollegen aus dem Team regelmäßig da. Auch ich war in den ersten Monaten kaum im Büro. Flexibilität ermöglicht eben auch das Einbeziehen der individuellen Lebenssituation, seien es Kinder, die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe, die Entfernung vom Büro zum Wohnort oder schlicht die eigenen Vorlieben.
Die größte Herausforderung ist es, den Zusammenhalt beizubehalten.
So haben wir uns zusammen mit unseren Sekretariaten 3-mal wöchentlich auf einen virtuellen Pausenkaffee verabredet und zum Beispiel auch Freitag morgens ein gemeinsames Online-Frühstück im Team mit allen Mitarbeitern eingeführt. Ein anderer interessanter Aspekt war auch, dass diese nun sehr viel häufigeren Videomeetings uns auch noch näher an unsere Kollegen in den USA und England herangerückt haben. Und auch der Kontakt zu Bestandsmandanten ist oft noch enger geworden. Man hat die Leute, die man vorher vielleicht gar nicht so richtig kannte, plötzlich ganz anders, zum Teil auch privater kennengelernt.
Die Herausforderung wird es jetzt sein, wieder soweit möglich persönliche Kontakte zu pflegen. Das ist wirklich essenziell, denke ich.
Peter Neuberger: Leidet unter dieser Flexibilität nicht die Qualität der Arbeit?
Marcel Gellings: Also ich glaube, es gibt keinen Qualitätsunterschied bei der Arbeit eines Anwalts, der davon abhängt, ob im Büro oder zu Hause gearbeitet wird. Ich hatte sogar manchmal den Eindruck, dass die Arbeit im Home-Office effektiver ist.
Thomas Fischl: Es zählen die Ergebnisse und es hat sich gezeigt, dass es nicht so sehr relevant ist, wo man arbeitet. Das ist eine Erkenntnis, die so nicht bei allen vorhanden war, die sich aber mehr und mehr durchsetzt. Selbst bei Partnern, die dem sehr zurückhaltend gegenüberstanden, findet ein Umdenken statt. Das Ganze wurde nun in die Reed Smith Flexible Working Policy gegossen. Wo man arbeitet, bleibt dem persönlichen Urteilsvermögen überlassen. Dennoch motivieren wir gerade die jungen Associates, wieder mehr ins Büro zu kommen, weil sie im persönlichen Zusammenarbeiten einfach mehr lernen. Das macht aber auch nur Sinn, wenn die erfahrenen Kollegen auch vor Ort sind. Also, ich denke, man muss wieder dahin kommen, auch regelmäßig im Büro zu sein, wenn auch vermutlich nicht in der gleichen Frequenz wie früher.
Peter Neuberger: Ein positiver Aspekt des Arbeitens bei Reed Smith ist also die Möglichkeit zur Eigenverantwortlichkeit. Herr Gellings, was hat Reed Smith für Sie persönlich als Arbeitgeber attraktiv gemacht?
Marcel Gellings: Tatsächlich spielte das Thema Eigenverantwortlichkeit bei mir eine zentrale Rolle, als ich mich nach einer ersten Station als Anwalt in einer anderen Großkanzlei entschlossen habe zu Reed Smith zu wechseln. Mir ging es darum, die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Gestalten meiner Arbeit weiter zu fördern. Im Vergleich zu manchen anderen internationalen Großkanzleien muss man bei uns relativ früh Verantwortung übernehmen, auch weil Reed Smith in Deutschland noch vergleichsweise klein ist. Daneben bin ich am Standort Frankfurt auch für das Recruiting verantwortlich, was in größeren Einheiten üblicherweise stark institutionalisiert und meistens auf der Entscheidungsebene ausschließlich mit Partnern besetzt ist. Das sind deutlich mehr Freiheiten und Entwicklungsmöglichkeiten, die ich woanders nicht gesehen habe.
Tatsächlich spielte das Thema Eigenverantwortlichkeit bei mir eine zentrale Rolle, als ich mich nach einer ersten Station als Anwalt in einer anderen Großkanzlei entschlossen habe zu Reed Smith zu wechseln.
Dr. Marcel Gelings
Der andere Punkt, der mich an Reed Smith begeistert hat, war die gelebte Internationalität. Allein in meinem ersten Jahr gab es mehrmals in London Corporate Meetings und Austauschmöglichkeiten auf Associate Ebene. Das war wirklich traumhaft! Es gibt außerdem regelmäßig internationale Seminare zum Beispiel zum Kanzleimanagement, die ebenfalls in London stattfinden und im Rahmen dessen die Kanzlei Associates darlegt, wie eine Kanzlei wirtschaftlich funktioniert und so früh das Unternehmertum fördert. Das vermischt sich wiederum mit dem Thema Eigenverantwortlichkeit, so dass bei mir die Internationalität gepaart mit großer Verantwortung, die man schon sehr früh übernehmen darf, zu dem Entschluss geführt hat, zu Reed Smith zu kommen. Ganz abgesehen von dem grandiosen Team in Frankfurt und den tollen Kollegen in München.
Peter Neuberger: Wie schafft man es als Partner, diese Kultur der Eigenverantwortung, die offensichtlich auf Begeisterung stößt, zu erzeugen?
Thomas Fischl: Wie das funktioniert ist so ganz einfach nicht zu sagen. Das A und O ist, dass wir versuchen, die richtigen Leute für unsere Kultur zu finden. Das stellen wir absolut in den Vordergrund. Natürlich sind die Qualifikation und auch die Note wichtig, aber das spielt nicht die entscheidende Rolle. Da sind wir sogar bereit, an der einen oder anderen Stelle auch mal Abstriche zu machen, wenn wir sehen jemand passt einfach bei uns gut ins Team. Ich muss mir vorstellen können, auch einmal über etwas anderes als die Arbeit reden zu können oder einfach mal ein Bier trinken zu gehen. Sonst geht einfach der Spaßfaktor verloren und jeder wird austauschbar. Die Begeisterung entsteht von selbst, wenn man gerade die bereits angesprochenen Aspekte leben möchte. Wir sind eine echte globale Partnerschaft und das ist ein Stück weit anders als bei anderen internationalen Kanzleien. Unsere Praxisgruppen sind nicht in einzelne Länder gruppiert. Wir arbeiten zum Beispiel in meiner Praxisgruppe international übergreifend zwischen München, Frankfurt, London, Paris, den USA und auch Asien zusammen. Dabei verlieren wir natürlich auch nicht den lokalen Markt aus dem Blick. Das macht gerade diesen bereits erwähnten Mix aus, der Stabilität und Profitabilität gewährleistet. Und ja, aufgrund unserer Struktur und die gewollt geringere Größe bieten wir sehr viel Raum sich zu entwickeln, etwas was wir fördern und auch durch Fortbildungsangebote unterstützen. Wer Eigeninitiative mitbringt und bereit ist, sich selbst immer weiterzuentwickeln, der ist bei uns sicher genau richtig.
HIntergrundinformationen
Reed Smith über Reed Smith
Reed Smith LLP ist eine der führenden internationalen Rechtsanwaltsgesellschaften mit über 3.000 Mitarbeitern, darunter 1.700 Anwälte in 30 Büros. Wir beraten unsere Mandanten in allen Bereichen des Wirtschaftsrechts, insbesondere in den Bereichen Arbeitsrecht, Banking / Finance, Dispute Resolution, Gesellschaftsrecht und M&A, Media & Entertainment, Immobilienrecht, Intellectual Property, Private Equity, Steuerrecht, Tech & Data, sowie Venture Capital. Als weltweit tätige Anwaltskanzlei bieten wir beste Voraussetzungen zur Grundsteinlegung für Ihre erfolgreiche Karriere. Bei uns können Sie frühzeitig eigenständige Mandatsverantwortung übernehmen, wichtige Kontakte knüpfen und somit Ihr Netzwerk aufbauen. Wir unterstützen Sie dabei, sich mit uns weiterzuentwickeln: Durch die firmeninterne Reed Smith University erhalten Sie Zugang zu einer Fülle an verschiedenen Schulungen – von Fachthemen bis hin zu Soft-Skills. Weiterhin fördern wir die Teilnahme an externen Fach- und Networking-Veranstaltungen. Engagierte Anwält:innen haben so die Möglichkeit, ihr Potential auszuschöpfen und ihre weitere berufliche Entwicklung aktiv in die Hand zu nehmen.
Thomas Fischl:
Dr. Thomas Fischl ist Partner im Münchener Büro von Reed Smith und Mitglied der Entertainment & Media Group. Er ist ein anerkannter Experte auf dem Gebiet des Rechts der Informationstechnologie.
Im Fokus seiner Tätigkeit steht die Beratung von deutschen und internationalen Unternehmen zu allen rechtlichen Fragestellungen rund um Digitalisierung, Digital Media, IoT, Virtual Reality, Social Media und Data Economy. Regelmäßig beschäftigt er sich mit Themen wie Datenschutz (einschließlich GDPR-readiness und BCR), Cybersecurity, Risk Management und Compliance. Mit einem Full-Service Ansatz betreut er Mandanten vom Audit bis hin zur Schulung und Implementierung von neuen Systemen.
Marcel Gellings:
Dr. Marcel Gellings ist Associate im Frankfurter Büro von Reed Smith und Mitglied unserer Global Corporate Group. Er berät bei nationalen und internationalen Fusionen und Übernahmen, Transaktionen im Bereich Venture Capital und Private Equity sowie zu sämtlichen Fragen des Gesellschaftsrechts einschließlich des Aktien- und GmbH-Rechts. Ein zusätzlicher Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt auf Unternehmens- und Konzernumstrukturierungen insbesondere durch nationale oder grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen.